Sillenstede

Sillenstede

Sillenstede gehört seit 1972 zur Gemeinde Schortens. Der Ortsteil wird von ca. 2300 Einwohnern bewohnt. Urkundlich erwähnt wurde der Ort erstmals im Vatikanischen Archiv im Jahre 1138 als Celensteda. Über Zelansteda (1350), Szelinstede (1354), Tzillenstede (1438) entwickelte sich der Namen zu Sillenstede. Der Ursprung ist nicht geklärt: entweder von „S.Cecillia“, deren Name auf der kleinen Glocke steht oder von Siel (altfriesisch zyl) =Durchlass durch einen Deich. Schortens ist seit Januar 2005 eine Stadt.

Besiedelt wurde das Gebiet bereits am Ende der letzten Eiszeit etwa 8000 v. Chr. Zu dieser Zeit lag die südliche Nordsee bis zur Doggerbank und Jütland trocken, d.h., die Siedlungen waren mehrere hundert Kilometer von der Nordsee entfernt. Die ältesten archäologischen Funde stammen aus der Jungsteinzeit (etwa 5000 – 1700 v.Chr.).

Während der Bronzezeit führte die Klimaerwärmung zu einem Vordringen des Meeres mit Überflutungen des bis dahin trockenen Gebietes. Es bilden sich Moore, die während der Eisenzeit um 600 v.Chr. durch Überschlickung durch das weiter vordringende Wasser zu Marschen werden. Die Chauken, Bewohner des damaligen Gebietes, reagierten um 200 v.Chr. mit dem Bau von Warften (Accum, Gummelstede, Wulfswarfe). Diese erhöhten Siedlungsplätze boten Schutz vor dem Wasser. Im 3. und 4. Jahrhundert n.Chr. siedelten sich auch die Sachsen an und erweiterten die Warftsiedlungen (Warftreihe, Purkswarfe, Menssens, Zielens).

Ende des 4. Jh. kam es nach Sturmfluten zur ersten Auswanderungswelle der Chauken und Sachsen nach Britannien. Die nachfolgenden Friesen erhöhten abermals um das Jahr 600 die Warften, die meisten Gehöftwarften Sillenstedes entstehen.

Um die Jahrtausendwende kommt der Warftenbau zum Stillstand, stattdessen werden Deiche errichtet, die auch der Landgewinnung dienten. Verkehrs- und Handelswege waren in Sillenstede die Wasserwege, die durch die ständigen Überflutungen und die Bildung von Seebalgen (= größere Wasserrinne im Watt), Sieltiefs und Leiden (= ehemaliger Wattstrom) entstanden waren. Die Helgenleide war bereits vor Einbruch des Jadebusens 1164 schiffbar und bestand auch nach der Antoniflut 1511 weiter. Über diesen Weg wurden die Steine zum Kirchbau und das Vieh und Getreide transportiert.

Die anhalt-zerbstischen Soldaten, die vor 200 Jahren von ihrem Landesherrn nach England verkauft wurden, sind über die Helgenleide und das Hookstief nach Hooksiel und von dort nach Stade gebracht worden. Der Hafen (Helgen) befand sich nahe der heutigen Dicktonnenstraße. Sillenstede hatte durch das Sillensteder Tief (ein alter Priel) noch bis ins 19. Jh. direkten Zugang zum Meer.

St.-Florian-Kirche

Zu Beginn der Christianisierung im 8.Jahrhundert durch Willehad entstanden die ersten Kirchwarften mit hölzernen Kirchen. Infolge der Oestringer Fehde (1138) wurde die Holzkirche in Mitleidenschaft gezogen und 1233 durch eine mächtige Granitquaderkirche ersetzt, die ausreichend Schutz vor Sturmfluten bot. Es ist die St.-Florian-Kirche, benannt nach dem Schutzheiligen in Feuers- und Wassernot.

Kirche Sillenstede

Als Baumaterial dienten die Granit-Findlinge, welche die Gletscher aus Skandinavien mitgebracht hatten und die man in den norddeutschen Moränengebieten in großer Zahl fand. Sie wurden gespalten und rechteckig behauen. In Schalenbauweise über- und nebeneinandergesetzt errichtete man erst die Außen- und Innenwände und füllte dann die Zwischenräume mit Steinabfall und Muschelkalk. So entstanden 1,40 m starke Mauern. Das Granitquaderwerk ist auf beiden Längsseiten und der Apsis vollkommen erhalten, nur durch hochgelegene schmale Fenster und schlichte Portale unterbrochen.

Mit einer Länge von 44 m, einer Breite von 13 m und einer Mauerhöhe von 11 m ist St.-Florian die größte Granitquaderkirche im Jeverland. Das Innere enthält den Chorbereich mit einem mächtigen Triumphbogen, wertvolle Kunstwerke und Wandmalereien. Die Orgel stammt von Johann Adam Berner und wurde 1757 gebaut.
Quelle: Stadt Schortens

St.-Florian-Kirche und Erntedankfest 2016, Bilder von Olaf Runge

Wappen von Sillenstede

wappensillensIm oberen Feld des dreiteiligen Wappens sieht man drei gesprenkelte Kiebitzeier, die darauf hindeuten sollen, dass Sillenstede überwiegend in der Marsch liegt. Darunter zeigt das Wappen im Mittelfeld zwei Putaale (Schlammpeizger).

In Strackerjans ,,Aberglauben und Sagen aus dem Herzogtum Oldenburg‘ wird darauf hingewiesen, dass die Sillensteder einst beim Aalpricken nur Putaale (Schlammpeizger) fingen, die sie arglos verspeisten. Seither werden sie von ihren Nachbarn Putenfanger genannt.

Den unteren Teil des Wappens füllt ein Grütztopf (Görtpott) aus. Sillensteder Grütze soll früher in Jever gehandelt worden sein. Ein altes Sprichwort sagt: „Dat geiht een Kroos um´t anner, as de Sillensteder Gört!“

 

Wegekarte um 1850

Wegekarte von Sillenstede

Zeittafel Sillenstede
12. Jahrh. Der Name Sillenstede taucht zu Beginn des 12. Jahrhundert als Celensteda auf. Erstmalig wurde dieser Name in einer Urkunde erwähnt und daraus kann man erkennen das Sillenstede eine recht alte Siedlung ist. Später wurde der Name abgewandelt: Szelinsted, Zelanbstätt, Cilliestedt, 1420 Tzillenstette.
1138 Sillenstede in Oestringen wird als Begräbnisplatz erwähnt
1148 Schlacht bei Barkel, Sieg der Oestringer über die Rüstringer
1168 erstmalig wird bei Friedensverhandlungen über eine Holzkirche berichtet
1233 wurde die jetzige Kirche, nach einer langjährigen Bauzeit, fertiggestellt. Sie wird der heiligen Cäcilie gewidmet.
1350 wurde das Jeverland von einer schlimmen Pestepedemie heimgesucht. Viele Menschen starben und große Armut herrschte anschließend.
1387 Zerstörung der Burgen zu Glarum und Connhausen
1440 die kleine Glocke wird gegossen
1495 zog der Graf Edzart von Ostfriesland durch das Land. Im hiesigen Kirchspiel wurde durch die Truppe großer Schaden angerichtet.
1520 beteiligten die Sillensteder sich am Bau des Maadesiels bei Schaar
1543 Sillenstede lieferte Torf für die Hexenverbrennungen in Jever
1548 Oberprediger Timmermann war der erste lutherischer Pfarrer
1570 Die Allerheiligenflut richtet auch im hiesigen Kirchspiel großen Schaden an.
1587 wurde der erste Lehrer hier im Kirchspiel erwähnt.
1600 kam es zu großen Belastungen des Bauernstandes durch die Oldenburger Grafen. Höhere Steuern und Abgaben brachten Aufstand und Unmut mit sich.
1620 Magister Conrad Wagner legt das erste Kirchenbuch an
1624 die große Kirchenglocke wird gegossen
1628 Einquartierung kaiserlicher Truppen, sämtliche Kosten gehen zu Lasten der hiesigen Einwohner
1645 Der Altar in der Kirche wird erweitert, die Taufkrone geschaffen
1689 Erbauung der Kanzel
1717 Weihnachtsflut – Sillenstede verliert 24 Menschen, 22 Pferde, 185 Stück Hornvieh, 82 Schafe, 7 Häuser.
1742 Ende des 17jährigen Prozesses betr. Deichunterhaltung. Die Sillensteder müssen bezahlen.
1746 Vermählung der Prinzessin Sophia Augusta von Anhalt Zerbst, der späteren Zarin Katharina von Rußland. Kostet den Sillensteder Bürger 622 Taler an Prinzessinnensteuer.
1751 Anbringen des Schwans auf dem Kirchendach
1752 Bau einer Kirchenorgel – Fertigstellung / Abnahme 1757
1768 Rinderpest. 2/3 des Viehbestandes geht verloren. Der alte rotbraune Rindviehbestand verschwindet, das schwarzweiße Vieh wird aus Holland eingeführt.
1797 fand das erste Scheibenschießen stand und somit das erste Schützenfest in Sillenstede statt. Kurz vorher hatte sich eine Schützenkompanie gebildet. Es fand ein Hirschschießen in Kannegießers Eichenbusch statt. Der Hirsch wird auf Rollen hin und her gezogen.
1800 eine gesegnete Zeit. Reiche Ernten und gute Preise, Verschonung durch Kriege, Viehseuchen und Sturmfluten. Es ist die berühmte russische Zeit.
1807 Holländische Truppen werden einquartiert. Schmugglerzeit
1810 Französische Truppen beziehen Quartier. Zwangsrekrutierung
1830 Schwerer wirtschaftlicher Tiefstand. Bodenpreise sinken um 1/3, Vieh und Land verlieren an Wert. Viele Landwirte geraten in Konkurs.
1845 Aufhebung der zweiten Pfarrstellung
1848 Revolutionäre Volksversammlungen. Die landwirtschaftlichen Arbeiter fordern höhere Löhne und bessere Bedingungen. Johann Gerriets Janßen ist der Arbeiterführer.
1849 Gründung des Männergesangvereins „Eintracht“
1849 Aufhebung der Adelsfreiheit von Wulfswarfe und Relinghausen
1862 die Sillensteder Mühle, eine Holländer-Windmühle, wird erbaut
1864 die ersten Steinfußpfade werden angelegt
1864 Gründung des Theatervereins
1865 Gründung des Turnvereins
1870 Anton Reling wird Gemeindevorsteher
1871 Deutsch / Französischer Krieg – 3 Sillensteder fallen
1877 wird eine große Feuerspritze beschafft. Gemeindevorsteher Anton Reling gründet das Jeverländische Herdbuch. Georg Schipper / Connhausen wird geboren, Landesökonomierat. Wasserwerk Feldhausen wird gebaut. Die Schule wird um 2 Klassen vergrößert.
1885 die erste Postagentur wird eingerichtet
1886 Reling (gestorben 1895 in Jever) erreicht den Bau der Amtsverbandstraße Accum-Grafschaft-Heidmühle
1889 Sillenstede wird ans Telefonnetz angeschlossen
1895 der Müllermeister Eilks wird Gemeindevorsteher
1898 die Straße von Sillenstede nach Grafschaft wird gebaut
1903 Gründung des Bürgervereins
1908 der von Reling gegründete Jeversche Herdbuchverein erhält in Berlin den Züchter – Ehrenpreis, gestiftet von Kaiser Wilhelm, Porzellanvase
1910 die Straße Sillenstede nach Waddewarden wird gebaut. Auktionator Georg Albers wird Gemeindevorsteher.
1911 die Straße Sillenstede nach Fedderwarden entsteht. Wulfswarfe, Zielens, Wegshörn bis Moorsum wird mitgebaut.
1913 Zur Erinnerung an die Völkerschlacht in Leipzig, Oktober 1813, wird ein Freilichttheater aufgeführt. Pastor Woebcken schrieb den Text. Es wurden Szenen aus dem Dorfleben vor 100 Jahren nachgespielt. Eine Eiche wird an der Gabelung der Sengwarder- und Fedderwarder Straße gepflanzt.
1914 100. Jugendschützenfest wird groß gefeiert. Spar- und Darlehenskasse wird eingerichtet.
1914 der 1. Weltkrieg beginnt, ca. 50 Sillensteder fallen.
1923 ein Ehrenmal für die Gefallenen des 1. Weltkrieges wird errichtet. Inflationszeit, Höhepunkt 1 Goldmark – 1 Billion Papiermark
1933 entstand die Großgemeinde Kniphausen aus Accum, Fedderwarden und Sillenstede
1938 Gründung der Freiwilligen Feuerwehr Sillenstede
1939 Zweiter Weltkrieg, 70 Sillensteder verlieren ihr Leben.
1945 Besatzungszeit. Viele Flüchtlinge und Vertriebene aus Ostdeutschland werden aufgenommen.
1947 Der Heimatforscher Georg Janßen stirbt in Jever.
1949 100 Jahre MGV „Eintracht“. Sängerbundesfest des Jeverländischen Sängerbundes, das erste nach dem Kriege. Gründung des Frauenchores.
1953 Einweihung der neuen Volksschule am Deepsdammer Weg. Das alte Schulhaus wird nach Umbau Rathaus.
1962 17. Februar. Große Sturmflut an der Nordseeküste.
1965 Die Kirche wird renoviert, bekommt eine Heizungsanlage und der Westgiebel wird erneuert. Pastor Carl Woebcken, Heimatforscher und Schriftsteller, stirbt. Ein Schulpavillon wird für 2 Schulklassen gebaut.
1972 Sillenstede wird durch die Gebietsänderung zur Gemeinde Schortens eingemeindet.
1977 800 Jahre Sillenstede. Jubiläumswoche vom 2. bis 10. Juli.
1981 Die Sporthalle wird gebaut.
1991 Bau des Kindergartens.
1991 Beginn der Dorferneuerung mit Neugestaltung von Kirchenvorplatz, Georg-Albers-Weg sowie des Arthur-Eden-Platzes – Ende der Maßnahme 2001
1992 Erweiterung um 2 Klassen, es wird angebaut.
1994 Restaurierung / Renovierung der Johann-Adam-Berner-Orgel.
1994 Die ökologische Schulhofgestaltung wird durchgeführt.
2003 Kanzel und Taufkrone in der Kirche werden restauriert.
Nach Georg Janßen, Pastor Carl Woebcken, Winfried Hoppe und Doris Wolken.